Knigge für Gastgeber & Gäste

Ob Weihnachten, Hochzeit oder Geburtstag – Feste soll man feiern, wie sie fallen. Für eine gelungene Party gibt es eine Reihe einfacher Regeln, damit weder Gastgeber noch Gäste negativ auffallen.

Text — Helen Weiss


 

REGELN FÜR GÄSTE UND GASTGEBER

Feiern bis zum Abwinken, die Sau rauslassen und tanzen, bis der Arzt kommt: Auch wer hart feiert, kann das mit Stil tun. Das gilt vor allem bei offiziellen Feierlichkeiten, Familienanlässe oder Firmenessen, wo man auf dem Weg von einem Fettnäpfchen ins nächste schnell eine schlechte Figur macht. Egal, ob als Gast oder Gastgeber – den Knigge zum Feiern sollte man jetzt vor Weihnachten und Sylvester intus haben. Grundsätzlich gilt es als Gastgeber, allen einen schönen Abend zu bereiten, ohne dass man die Gäste sich selbst überlässt oder im Gegenteil eine steife Dinner-Atmosphäre verbreitet. Gleich zu Beginn der Party stellt sich die wichtigste Frage: Schuhe aus und Finken an? Nein, die Schuhe bleiben an. Schliesslich wurde das Schuhwerk von den Gästen als Basis des Outfits sorgfältig ausgewählt – Hüttenfinken verhunzen jedes Paillettenkleid und jeden Anzug. Wer Angst ums Parkett hat, legt einen Teppich im Esszimmer aus. Gäste, die ihre Schuhe anbehalten möchten, sehen selbstverständlich davon ab, mit schmutzigen Gartenstiefeln oder stinkenden Jesuslatschen aufzukreuzen.

TIPP

RICHTIG EINLADEN

Wer Gäste zur Party bittet, darf ruhig persönlich werden: Statt eine E-Mail oder SMS zu verschicken, sendet man die Einladung lieber per Post. Das gilt vor allem für wichtige Feiern wie Hochzeit, Taufe oder runder Geburtstag. Dabei kann man für eine klassische Einladung auf vorgefertigte Karten aus dem Handel zurückgreifen, oder aber selbst etwas basteln. Die Karte sollte dabei immer zum geplanten Stil der Feier passen und kann dementsprechend recht formell oder auch sehr locker ausfallen. Inhaltlich sollte die Einladung auf jeden Fall Antworten auf die fünf Fragen Wer, Wen, Wozu, Wann und Wo liefern. Allenfalls kann man Hinweise wie «um pünktliches Erscheinen wird gebeten» anfügen, falls das Essen zu einem fixen Zeitpunkt serviert wird. Hilfreich für die Planung ist zudem, einen Termin für die Rückmeldung anzugeben. Je nach Anlass ist die «Vorlaufzeit» beim Versenden der Einladung unterschiedlich. Zur Cocktailparty oder festlichem Abendessen kann man einen Monat im Voraus einladen, Hochzeiten oder Taufen sollten hingegen drei Monate vorher angekündigt werden.


WIE LANGE AUF GÄSTE WARTEN?

Gäste haben eines gemeinsam: Sie kommen nie alle pünktlich. Den einen knurrt schon der Magen, während die anderen noch im Zug sitzen. Als Gastgeberin ist man in diesem Moment hin- und hergerissen, ob man schon mal anfangen oder doch noch warten soll. Als Mass gilt eine dreiviertel Stunde, damit die Gäste ankommen, sich begrüssen und kennen lernen können. Während dieser Zeit sollte es natürlich eine Kleinigkeit zu essen und etwas zu trinken geben. Dann geht’s zu Tisch: Bei Feiern mit fester Sitzplatz-Zuteilung darf davon ausgegangen werden, dass sich die Gastgeber einige Mühe damit gemacht haben, passende Menschen nebeneinander zu setzen. Das Vertauschen der Tischkarten zeugt deshalb von schlechtem Stil.

CHECKLISTE

DIE FÜNF REGELN DES SCHENKENS

Wer zu einer Party eingeladen ist, bringt ein Geschenk mit – das hat Stil. Bei der Wahl des Mitbringsels wird es schon schwieriger. Denn hier gibt es einige Knigge-Tipps zu beachten:

  • Ein Geschenk soll von Herzen kommen und die Wünsche des Beschenkten berücksichtigen. Der Wert des Präsents darf nicht an der Höhe der Kosten gemessen werden.
  • Ist das Verhältnis zum Beschenkten eher distanziert, überreicht man ein neutrales Präsent wie Pralinen oder Blumen.
  • Je persönlicher eine Beziehung ist, desto vertrauter kann ein Geschenk ausgewählt werden. Witzige Präsente sollte man jedoch nur Menschen zumuten, bei denen man sicher sein kann, dass der Humor auch verstanden wird.
  • Gutscheine sind eher unpersönliche Geschenke. Deshalb sollte man ihnen mit einer originellen Verpackung eine individuelle Note geben.
  • Bevor es auf Einkaufstour geht, sollte man versuchen, möglichst viel über die zu beschenkende Person herauszufinden. Am besten nutzt man Informationen von Freunden, Verwandten und Kollegen.


Als idealer Gast sollte man sich auf gute Unterhaltung verstehen, egal, ob die Sitznachbarin verkniffen oder eine Plaudertasche ist. Bei den Themen bewegt man sich zu Beginn lieber am seichten Ufer und spricht über Wetter, Musik, Filme und Sport, bevor man sich in tiefgründige Gewässer vorwagt. Gastgeber müssen hier allenfalls unterstützend beispringen: Wenn es einem Gast schwerfällt, sich in die Runde zu integrieren, sollte man ihm dabei helfen – etwa indem man ihn in ein Gespräch mit anderen einbezieht.

TIPP

WICHTIG: WEG MIT DEM SMARTPHONE

Das Smartphone ist unser fester Begleiter. Selbstverständlich kommt es auch mit zur Party, dagegen ist nichts einzuwenden. Das Handy darf aber nie wichtiger sein als die Person gegenüber. Auch wenn Tante Ernas Erzählungen über die Seniorenferien im Tessin langweilen und man keine Backtipps mit dem Schwager austauschen möchte – das Smartphone bleibt in der Tasche. Denn widmet man seinen digitalen Kontakten oder anderen Inhalten auf dem Handy mehr Aufmerksamkeit als dem Gegenüber, wird dies zu Recht als Zeichen von Desinteresse gedeutet und ist äussert unhöflich. Egal wie gesellschaftlich verbreitet Smartphones auch sein mögen, sie auf einer Party zu zücken, ist ein riesiger Fauxpas. Einzig erlaubt ist ein schneller Blick, ob es Anrufe oder wichtige Nachrichten gegeben hat. Aber sofern es nicht gerade der Babysitter war, sollte jegliche Nachricht nur mit einem «melde mich später» beantwortet werden.


DEM GASTGEBER HELFEN? NICHT ERWÜNSCHT

Als Gastgeber gibt man massgeblich die Tonart am Tisch vor. Wenn man selbst stocksteif dasitzt und sich krampfhaft bemüht, die Gabel richtig zu halten, werden die Gäste das merken und sich wahrscheinlich auch dazu genötigt fühlen.

Und wenn die Gastgeber dauernd mit Argusaugen den Inhalt der Gläser kontrollieren, kommt ebenfalls keine Stimmung auf. Deshalb darf man den Gästen die Getränke auf den Tisch stellen, damit sie sich selbst versorgen können. Aufräumen ist hingegen eindeutig Gastgebersache: Wer es sich punkto Platz und Menge des Geschirrs leisten kann, verzichtet auf das Abspülen, solange die Gäste da sind. Das bringt sonst nur Unruhe, und die Gäste könnten sich genötigt fühlen, mitzuhelfen.

DIE EXPERTIN

Susanne Abplanalp,
Knigge-Spezialistin und
Inhaberin der Beratungsfirma
Knigge Today in Thalwil

ELEGANTER ABSCHIED

«Als Gastgeber darf man eine Einladung nicht sofort nach dem Essen beenden. Grundsätzlich gilt, dass der Gast bis mindestens eine halbe Stunde nach dem Kaffee bleibt. Ein zu früher Aufbruch seitens des Gastes ist ebenfalls unfreundlich gegenüber dem Gastgeber und zeigt, dass man nur wegen des Essens gekommen ist. Eigentlich sollte es nicht nötig sein, seine Gäste zum Aufbruch zu bitten. Personen mit allzu viel Sitzfleisch muss man allenfalls jedoch subtile Hinweise geben, dass sich die Party dem Ende zuneigt. So kann man sich etwa für die Teilnahme an der Party bedanken oder fragen, ob man später ein Taxi bestellen soll. Das löst meist Aufbruchsstimmung aus. Allenfalls hilft es auch, den Gästen mitzuteilen, dass man einen anstrengenden Tag hinter sich hat. Oder dass man am nächsten Morgen bereits um sieben Uhr an einer Sitzung teilnehmen muss oder auf eine Bergtour geht. Um einer solchen Situation vorzubeugen, kann schon auf der Einladung notiert werden, dass die Party – etwa aus Rücksicht zur Nachbarschaft – um Mitternacht endet.»