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Treppen verbinden und schaffen neue Räume

Die meisten von uns benutzen tagtäglich Treppen. Mehrfach. Ohne sie weiter zu beachten. Spätestens aber beim eigenen Neu-  oder Umbau ändert sich dies – mit der Frage: Welche Treppe soll es dann sein?

Text — Thomas Bürgisser

 

GERADE TREPPEN

Oft wird es die naheliegendste Ausführung aller Treppen: die gerade Treppe. Ob einer Wand entlang oder ganz frei im Raum. Vom Aufbau her gibt es die verschiedensten Lösungen. Zum Beispiel mit seitlichen Wangen, welche die Stufen tragen, mit in der Wand befestigten Stufen, mit darunter entlangführenden Trägern (Holme) oder mit Bolzen, auf welchen die einzelnen Stufen übereinander aufbauen und welche die Treppe besonders filigran erscheinen lassen.

 

RICHTUNGSWECHSELNDE TREPPEN

Manchmal aber lassen sich Wunsch und Realität nicht verbinden. Wer weniger Platz hat – oder ihn schlicht nicht für eine Treppe hergeben möchte – spart mit der viertelgewendelten Treppe bereits einiges an Platz. Alleine, weil Beginn oder Ende der Treppe 90 Grad abgewinkelt sind. Den doppelten Effekt hat man mit der halbgewendelten Treppe, wenn also sowohl An- wie auch Austritt abgewinkelt oder andernorts im Treppenverlauf eine 180-Grad-Wende integriert ist. Reicht die Einsparung vor allem in der Länge noch immer nicht, bietet sich eine zweiläufige Treppe an, die quasi halbiert und mit einem Zwischenpodest für den Richtungswechsel verbunden wird.

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Gerade oder halbgewendelt? Das ist nicht nur eine Frage der Optik, sondern auch des verfügbaren Platzes.

PLATZSPARENDE TREPPEN

Am meisten Platz spart man jedoch mit der Wendeltreppe oder sogar einer Spiral- beziehungsweise Spindeltreppe, bei der die Stufen einer mittigen Stütze entlang nach oben führen. Auch Raumspartreppen sind bei engen Platzverhältnissen beliebt. Sie gehen fast schon in Richtung Leiter, haben sehr schmale Tritte, sind besonders steil oder haben als «Watscheltreppe» sogar versetzte Stufe.

 

INFO

NORMEN ZU TREPPEN, GELÄNDER UND HANDLÄUFEN

Sicherheit geht vor. Das sollte erst recht bei Treppen gelten, denn hier kommt es besonders häufig zu Unfällen im Haushalt. Entsprechend gibt es zahlreiche Normen und Richtlinien, die je nach Ort der Treppe aber auch nach Kanton und Gemeinde unterschiedlich verpflichtend sein können (siehe auch Experteninterview). Für den privaten Bereich empfiehlt die Beratungsstelle für Unfallverhütung unter anderem:

  • Treppe: Ist im Einfamilienhaus mindestens 90 Zentimeter breit und wird spätestens nach 16 bis 18 Tritten durch ein Podest unterbrochen.
  • Stufen: Sind 26 bis 29 Zentimeter tief (Auftritt) und 17 bis 19 Zentimeter hoch (Steigung). 30 Grad ist ein sicherer Neigungswinkel. Die Öffnung zwischen den Stufen ist höchstens 12 Zentimeter hoch.
  • Sichtbarkeit: An- und Austritt sollten sich vom restlichen Bodenbelag abheben, die Stufenvorderkanten markiert werden und die Treppe blendungsfrei und gut (200 Lux) ausgeleuchtet sein.
  • Geländer: Ist entlang dem Treppenlauf mindestens 90 Zentimeter, auf Podesten mindestens 1 Meter hoch, Öffnung zwischen vertikalen Stäben höchstens 12 Zentimeter.
  • Handlauf: Der Handlauf sollte einen Durchmesser von 3.5 bis 4.5 Zentimeter haben und auf einer Höhe von 85 bis 90 Zentimeter angebracht sein, immer beidseitig.

Geschlossenes Geländer

Geländer mit vor-
gesetztem Handlauf

Absturzsicherung
Staketengeländer

Damit Geländer wirklich eine Absturzsicherung sind, müssen sie auch entsprechend ausgestaltet sein. Besonders wichtig mit Kindern ist, dass sie keine Klettermöglichkeit bieten.

Grafik: BfU

 

TREPPEN NEU EINBAUEN

Spiral-, Spindel- oder Raumspartreppen lassen sich oft auch am einfachsten im Nachhinein einbringen, etwa beim Ausbau des Estrichs. Dabei gilt jedoch zu bedenken, dass sie schwieriger zu begehen sind. Deshalb wird empfohlen, sie nicht als Haupttreppe einzusetzen und selbst bei Nebenräumen nur, sofern sich keine sicherere Lösung anbietet.

Auch aus Komfortgründen lohnt es sich, Alternativen zumindest zu prüfen. Eine Option für den nachträglichen Treppeneinbau ist beispielsweise das Auslagern in ein neues, von aussen angebrachtes Treppenhaus. Was aufwendig klingt, kann je nachdem gesamthaft sogar günstiger ausfallen. Oder aber man prüft, ob sich bei der bisherigen Einteilung des Innenraums etwas neu ordnen lässt?

DER EXPERTE

Tobias Jakob
Beratungsstelle für Unfallverhütung

«Ein Bauwerk darf niemanden gefährden»

Tobias Jakob, bin ich in meinem Privathaus dazu verpflichtet, die Normen zu Treppen und Geländer einzuhalten?
Die Normen gelten stets für öffentlich zugängliche Bereiche. Verlangt die Baubehörde jedoch bei der Baugenehmigung, dass die Normen einzuhalten sind, müssen sie auch im privaten Raum umgesetzt werden. Und auch ohne diese Auflage muss der Eigentümer immer garantieren können, dass Zustand und Funktion des Bauwerks nichts und niemanden gefährden.

Was heisst das?
Drittpersonen, seien das Bekannte oder Handwerker, müssen sich auch in Privathäusern darauf verlassen können, dass die Treppe quasi richtig funktioniert, also keine Gefahr davon ausgeht. Wenn etwas passiert, weil sie nicht fachgerecht gebaut ist, können Geschädigte allenfalls Werkeigentümer wie auch Lieferanten oder Hersteller verklagen. Verunfallt man selber, werden die Krankheitskosten zwar übernommen, es kann aber sein, dass eine Versicherung wegen Fahrlässigkeit zum Beispiel den Erwerbsersatz stark kürzt oder verweigert.

Und wenn eine Treppe im Haus schon immer so war?
Hier wird auf die Verhältnismässigkeit geschaut. Wird im Rahmen einer Sanierung aber so oder so an der Treppe gearbeitet, wird erwartet, dass heutige Normen eingehalten werden. Auch ein Geländer anzubringen, ist eigentlich immer zumutbar. Ausserdem tut man sich selbst einen Gefallen mit einer sicheren Treppe. Jährlich verletzen sich in der Schweiz über 52'000 Personen auf Treppen. Unfälle, die häufig vermeidbar wären.


VON DER GARDEROBE BIS ZUM GÄSTE-WC

Tatsächlich benötigen Wendel- oder auch Spiraltreppe zwar wenig Platz. Sie bieten aber auch keine Möglichkeit zur zusätzlichen Raumnutzung rund um die Treppe. Ganz im Gegenteil zur geraden Treppe, unter der sich eine grosszügige Garderobe oder ein Wandschrank realisieren lassen. Oder wie wäre es mit einem Vorratsraum, dem ausklappbaren Homeoffice-Arbeitsplatz oder einem Gäste-WC unter der Treppe? Und schon lässt sich vielleicht an anderem Ort im Haus Raum einsparen und der Treppe mehr Platz einräumen. Allgemein sollte man den Platz unter Treppen auf keinen Fall vernachlässigen. Nicht nur jener unter den einläufigen. Ideal ist, wenn der Schreinerbetrieb den Schrank, die Garderobe oder die Sitzecke auf Mass anfertigen kann. Aber auch in Möbelhäusern gibt es zahlreiche Lösungen für besondere Anforderungen, die sich individualisieren lassen.
 

INFO

STAHL BIS HOLZ – ABER RUTSCHFEST!

Fast ebenso vielfältig wie die Form der Treppe ist auch das Material, aus dem sie gefertigt werden kann. Wird sie direkt in einen Neubau geplant, ist sie nicht selten gleich ebenfalls aus Beton. Wird sie später eingebaut oder soll es etwas filigraner sein, kommt eher Metall oder Holz zum Einsatz. Auch Glaslösungen eignen sich etwa für die Stufen oder das Geländer – und selbstverständlich kann auch gemixt werden. Entsprechend passt man die Treppe am besten dem im Haus bereits vorherrschenden Material an. Aufpassen sollte man jedoch bei den Stufenoberflächen: Diese dürfen auf keinen Fall rutschig sein!


HERAUSFORDERUNG KELLERTREPPE

Schwieriger wird es, wenn unter der Treppe eine zweite Treppe zum Beispiel in den Keller führt. Selbst hier lassen sich – abhängig von der Körpergrösse der Bewohnenden – unter den Stufen der obenliegenden Treppe aber Ablagenischen anbringen. Ausserdem bieten sich je nach Treppe auch die danebenliegenden Wände an, um Regalböden oder Garderobenhaken zu montieren. Wobei man hier beachten sollte, die Treppenbreite nicht zu sehr einzuschränken. Spätestens unter der Kellertreppe wiederum bleibt Platz für Waschmaschine und Trockner, eine Aufhängvorrichtung für Gartengeräte oder für die hauseigene Recycling-Sammelstelle. Wer für all das schon einen anderen Ort hat, kann aber auch eine Wohlfühloase mit Sauna einbauen. Einzig ungenutzt bleiben sollte der Raum nicht. Wäre ja schade.

Foto: Inter IKEA Systems
Foto: Inter IKEA Systems
Foto: Inter IKEA Systems

Besonders oft wird die Garderobe platzsparend unter der Treppe platziert.

 

WEITERFÜHRENDE LINKS

Hilfreiche Tipps rund um sichere Treppen sowie die Empfehlungen der Beratungsstelle für Unfallverhütung zum Download: bfu.ch/treppen